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DER SANDHOF

Der Sandhof
Eberbacher Wirtschaftshof
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DER SANDHOF

Geschichte des Eberbacher Wirtschaftshofes

Zahlreiche Schenkungen, die Berta von Imsweiler mit ihrem Gemahl Gottfried pro remedio annimae (zum Heil ihrer Seelen) nach 1145 an das Kloster Eberbach machten, bildeten den Grundstock für die Gründung des Sandhofes als Wirtschaftshof des Zisterzienser-Klosters im Rheingau. Der Sandhof, der noch 1754 in deutlicher Entfernung vor Heidesheim lag, bildete sozusagen den Mittelpunkt eines weit gestreuten Besitzes von Budenheim bis zur späteren Wüstung Walsheim in der Nähe des heutigen Heidenfahrt, vom Hellenberg bis zu den Rheinauen und ersetzte 2 kleine Grangien im damaligen Walsheim bzw.  die Grangie Berge am Hunreberc.
Zumindest bis 1425 (Schnorrenberger, a.a.O., S. 53 setzte noch für 1500 eine Eigenbewirtschaftung voraus) bewirtschafteten Brüder des Klosters den Hof, der seitdem unter Klosteraufsicht verpachtet wurde. Das weiträumige 35 Morgen umfassende Gelände wurde schon bald von einer hohen 800m langen Ringmauer umgeben. 1204 wird zum ersten Mal die Kapelle erwähnt, die dem Heiligen Bernhard, dem Klostergründer von Eberbach, geweiht wurde. Die Arrondierung des klostereigenen Besitzes durch weitere Schenkungen und Zukauf war so erfolgreich, dass der Sandhof im Laufe der Jahrhunderte zu den reichsten Höfen des Klosters wurde und fast ein Drittel der Heidesheimer Gemarkung umfasste.
Um 1500 erreichte der Landbesitz über 1000 Morgen, darunter allein 160 Morgen Wald. Die Bewirtschaftung erfolgte auf dem Sandhof wie auf den übrigen Grangien effektiv vor allem mit Pferden, wie eine Übersicht des 15./16. Jahrhunderts ausweist. Bekannt war der Sandhof aber durch seine ausgeweitete Schafszucht, die immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten mit Heidesheim führte, die selten friedlich beigelegt werden konnten und wie 1772/73 oder 1778 in langwierigen Verfahren vor dem churfürstlichen Hofgericht endeten. 
In einer Zeit, als der Viehbestand neben den eher kärglichen Ernteerträgen die wesentliche Grundlage für die bäuerliche Existenz bedeutete, war die gegen alle Tradition ins Uferlose angewachsene  Schafherde des Klosters eine bedrohliche Konkurrenz, wenn Rinder- und Schweinehirt der Gemeinde ihre Herden von April bis Martini auf die Weideflächen trieben. Zur damaligen Zeit war der  Viehbestand auch in Heidenfahrt so groß, dass die Bewohner  einen eigenen Kuhhirten verpflichteten. Wo sollten die Heidesheimer ihr Vieh auch weiden lassen, da die ursprünglich 200 Schafe umfassende Sandhofherde 1778 auf 600 Tiere aufgestockt war? 
Historische Urkunden zum Sandhof mit dem Eberbacher Siegel

Die Herde war so groß, dass für die Schafschur eigens Tagelöhner eingestellt werden mussten. Ein reger Austausch zwischen Grangien und Kloster aber auch zwischen den einzelnen Wirtschaftshöfen bezeugt eine effektive Vernetzung, ein gut funktionierendes Wirtschaftssystem. Eberbach wurde von den verschiedenen Grangien, besonders vom Birkerhof bei Essenheim und vom Sandhof, mit so viel Wolle beliefert, dass ein Teil auf dem Frankfurter Markt verkauft wurde. Erwiesenermaßen wurde in Heidesheim auch Schafkäse produziert, der bis nach Köln verschifft wurde. Bereits für die Frühzeit sind  auf der Nonnenau ein Obstgarten und auf dem Sandhof eine Imkerei belegt. Zur Eigenversorgung wurde am Oberlauf des Sandbachs eine Mühle errichtet.


Kloster Eberbach besaß in Heidesheim auch etliche Weinberge, wie noch auf der Trauttnerkarte zu ersehen ist. Wegen der nach Norden abfallenden Hänge wurde der Wein aber wenig geschätzt und war eher für den Eigengebrauch auf dem Sandhof bestimmt. Die Klagen des Klosters über seine Heidesheimer Pächter wollten indes kein Ende nehmen. “die beständers in dem rehkampf sowohl, als auch in dem hellenberg klagen alljährlich, es wäre ihnen mehr Geld zugeschrieben, als sie wirklich besitzen thäten, ist folglich jederzeit disput wegen der steuers.” Nur mit großer Mühe konnte das Kloster seinen jährlichen Anteil an der Heidesheimer Ernte sichern. Wiederholt musste der Beauftragte des Klosters säumige und wenig interessierte Pächter drängen, “damit nicht forderhin zimlich große Stück weinbergs ungerottet nur zu Cartofflen verwendet werden, wie zeither zu schaden des Klosters geschehen ist.” Ein Umstand aber erboste das Kloster in besonderem Maße. Wie heute wurden die Weinberge an einem bestimmten Tag geschlossen, um die Trauben in Ruhe reifen zu lassen. Der Tag der Lese wurde anschließend vom Kloster festgesetzt, um Erntebeginn und Ernte überwachen zu können. Dabei zeigte sich, dass die Heidesheimer, die im Rehkampf Weinberge vom Kloster gepachtet hatten, die Zuwege mit jungen Fichten zugemacht hatten. Allerdings hatten sie die Bäume im Klosterwald geschlagen. Der Gipfel aber war, dass sie diese Stämmchen nun vor Lesebeginn nach Heidesheim transportierten, so dass “vielmahl das von denen beständeren nach haus geführte Holtz mehr werth ware, als der wein, so das Closter von denenselben selbiges jahr bekommen.”
Über ihre eigenen Werkstätten versorgte die  Abtei ihre Grangien mit selbst gefertigten Produkten, den Sandhof etwa mit Weidemänteln aus der klostereigenen Schneiderei. Während der ganzen Zeit unterstand der Sandhof der Visitation durch den Cellerar Eberbachs, der ggf. Rechtsbeistand leistete. Regelmäßig erfolgte die Überprüfung der Rechnungen durch die Finanzstelle des Klosters, die Burse.
Der Pächter, der Sandhofmann, war für die Instandhaltung der Gebäude und die gute Pflege des Landes verantwortlich. Genaue Vorschriften regelten, dass der Wintermist ausschließlich den eigenen Ländereien zugute kam, dürre Bäume ersetzt  und eine bestimmte Fruchtfolge eingehalten wurden. Harte Frucht war vorgeschrieben. Rüben, Wicken, Linsen, Bohnen oder Mohn durften nicht angepflanzt werden.
Erntebeginn war dem Kloster anzuzeigen, und Mönche überwachten den Ablauf der Ernte wie die Auswahl der fälligen Naturalabgaben. Grundsätzlich musste 1/3 der Ernte ans Eberbacher Schiff zum Rhein gebracht werden.
Wie Heidesheim wurde auch der Sandhof von den zahlreichen Kriegen immer wieder in Mitleidenschaft gezogen und geplündert. Wahrscheinlich als Kriegsfolge musste die romanische Kapelle nach dem 30-jährigen Krieg abgebrochen werden. Ein kleinerer Neubau trat an ihre Stelle.

Iim späteren Mühlraum eingebauter Lettner aus der 1806 abgerissenen Bernhardskapelle

Der Hinweis auf die Jahre, als die Zehntscheune zur Heidesheimer Notkirche umgebaut war, findet sich in der Sakristei, die im 19. Jh. Kammer des Müllerknechts war

Noch heute erinnert die Wetterfahne an die klösterliche Vergangenheit des Sandhofs


Reliquienmonstranz auf dem Sandhof
Als 1792 die alte Heidesheimer Kirche abgerissen wurde, wurde vom Kloster die große Scheune als Notkirche eingerichtet, da dies in Heidesheim der einzige Ort war, der die zahlreiche Gemeinde aufnehmen konnte. Dazu wurde der Lettner der Hofkapelle in die Scheune eingebaut. Lettner und siebenstufige Treppe zur Altarnische sind noch heute erhalten.  Als kürzeste Verbindung vom Ort zum Sandhof wurde das “Gaadepeedche” angelegt und ein neuer Zugang an der Westecke an der Sandhofmauer gebrochen. Bis 1798 fand hier der Sonntagsgottesdienst statt, und als unter französischer Besatzung 1798 auch der Sandhof wie aller geistliche Besitz zu französischem Nationalgut erklärt wurde, wurde auch der Gottesdienst verboten. Bis 1806 wurde der Hof an Philipp Rauschert und Franz Eulert verpachtet.  Bis 1809 war er im Besitz des Mainzer Musikverlegers Bernhard Schott, der auch die letzte Kapelle abreißen ließ, um aus den Steinquadern das Wasserhaus für eine in der ehemaligen Zehntscheune errichtete Getreidemühle zu bauen. Bernhard Schott starb auf dem Sandhof, und seine Witwe verkaufte das Areal an Wilhelm Metternich. Nach 1863 kaufte Herr von Reinbach das Anwesen. Der Sandhof verschuldete und geriet in Konkurs. So kam der innere Bezirk 1872 für 23 000 Mark an die Familie Krebs.


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