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DER SANDHOF
Wie
Georgskapelle und
Windeck gehört
der Sandhof zu den
bedeutenden Denkmalen unserer Gemeinde, deren kulturhistorische
Bedeutung über Heidesheim und die Region hinausgeht. |
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Gründlicher
Plan und Bericht deren einer Hochlöbl. Abbtey Eberbach im
Rheingau, über dem Rhein in Heidesheimer Gemarckung liegendem
Sandhof, mit denen darzu gehörigen eigenthüml.
Feldgüthern als Ackerfeld, Weinberg, Wießen,
Waldung, Klauer und Trisch, welche dermahlen mitt dem
Nürnberger Schuhe genau aufgenohmen, gemeßen und in
gegenwärtigen Grundriß geleget durch mich, Andream
Trauttner, Churmayntz. geschwohrenen Landmesser und Zeichner.
Zu Rüdesheim im Rheingau Anno 1754.
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Im
weiten Areal des
Sandhofs,
das bis heute von
der
ursprünglichen
Mauer umschlossen wird, manifestieren sich in beeindruckender Weise
Denk- und Lebensweise monastischer Reformbewegung des 12. Jahrhunderts,
die Rückkehr zu den Wurzeln (ora et labora) durch
bewusste
Abkehr von der Welt hin zu einem einfachen Leben in Abgeschiedenheit
und Abgrenzung. Deutliches Zeichen dieser Gesinnung ist die
Mauer, die damals wie heute eine Oase der Ruhe begrenzt und eine Welt
umschließt, in der Mensch und Natur ihren eigenen Rhythmus
leben
und gestalten dürfen. |
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Mutwillige Beschädigung der Sandhofmauer |
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Nordtor mit Kreuzsteinspolie
Frühmittelalterliches Scheibenkreuz
auf dem Sandhof
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Seit
Jahren
aber werden ungeachtet der Einmaligkeit dieses historischen Denkmals
aus Unverständnis Lücken in die Umfassungsmauer aus
dem 13.
Jahrhundert gebrochen.
Ein Stein aus dieser Mauer weckt hier unser besonderes Interesse. Er
führt uns zurück an die Ursprünge des
Sandhofs. Die
Gebäude aus der Gründungszeit stehen nicht mehr. Die
heutige
Anlage weist in die Zeit des Barock. Der Hauptzugang erfolgt derzeit
von der Mainzer Straße aus. Wie die Trauttnerkarte von 1754
zeigt, war das nicht immer so. Der Hof war ursprünglich nach
Norden, Richtung Eberbach, ausgerichtet.
Unter den
steinmetzmäßig
behauenen Quadern, die heute noch diesen Zugang markieren,
fällt
ein Block auf, der hier nachträglich eingesetzt ist. Ein
markant
aus dem Block herausgearbeitetes Kreuz, dessen Balken sich
nach
außen deutlich verbreitern, steht im Zentrum dieses Steins.
Diese
Form der Darstellung als Scheibenkreuz hat im fränkischen
Siedlungsgebiet eine jahrhundertelange Tradition. Außer auf
Grabsteinen findet sich diese Form des Kreuzes im Kreis später
vor
allem auf den Monolithen romanischer Türstürze. Als
anschauliches Beispiel für unsere Region sei auf den Stein in
der
Außenwand der Kirche von Niederhilbersheim hingewiesen.
Der Kreuzstein auf dem Sandhof weist auf der linken Seite eine
auffallende Schrägung auf. Die
unregelmäßige Oberkante
deutet auf eine Beschädigung hin, die beim Abbruch vom
ursprünglichen Ort verursacht wurde und den Stein bis hart an
den
Kreisrand beschädigt hat. Original dagegen ist er konkave
Bogen an
der Unterseite. Die rechte Kante dagegen ist "rechtwinklig" gehalten.
Die unregelmäßige Bearbeitung lässt
vermuten, daß
diese Seite ursprünglich wie die linke Seite
abgeschrägt war
und bei der Neuverwendung nachträglich bearbeitet wurde, damit
der
massive Steinblock, der immerhin eine Tiefe von 40cm aufweist,
geradlinig mit der übrigen Mauer abschließt.
Woher kommt nun dieser Stein? Maße und Form des Blocks
erlauben
die Vermutung, dass er an einer zentralen, sichtbaren Stelle in einem
größeren Zusammenhang eingefügt war.
Einen
Hinweis
für die ursprüngliche Verwendung finden wir im
mittelalterlichen Türbogen der Kirche von Börry bei
Bodenwerder an der Weser. Die Parallele mit unserem Scheitelstein ist
auffallend, eine entsprechende Zuordnung bietet sich
an. Die
Darstellung des Sandhofes
von 1754 zeigt nun hinter dem Hauptgebäude eine
Kapelle. |
Für
dieses barocke Kirchlein war nachder Verstaatlichung des Klosters
Eberbach und der Vertreibung seiner Mönche vor 190 Jahren
keine
Verwendung mehr. Es wurde 1805/1806 abgerissen.Seine
Quader wie die
noch vorhandenen Mauer- und Fundamentreste der ersten Kirche waren
willkommener Werkstoff für den Bau des Wasserhauses bei der
Einrichtung einer Getreidemühle im 19.
Jahrhundert. Bei gezielten Untersuchungen stieß
Ernst
Krebs
auf massive Fundamentmauern einer Vorgängerkirche, deren
Grundriss
er 1906 auf einer Handskizze, die heute im Besitz von Herrn Manfred
Krebs ist, festgehalten hat. Es ist anzunehmen, daß der
beschriebene Kreuzstein um 1204
zentral über den Eingang zur ersten Kirche gesetzt wurde als
Botschaft, die fortdauert. Wer
aus der
aufdringlich dicht herangerückten
Bebauung das Hofgelände betritt, fühlt sich fern
allem
geschäftigen Treiben in einer Welt, où
souffle
l’esprit (Barrès), ein Ort ohne Hektik, ein Ort,
an dem
eigene Regeln gelten.
Der Sandhof hat uns trotz oder gerade wegen seiner wechselvollen
Geschichte auch heute noch etwas zu sagen, es ist ein Ort, an dem eine
Spiritualität spürbar wird, die in einer
800-jährigen
Geschichte gewachsen ist.
Abgeschirmt und geborgen durch die Umfassungsmauer erlebt der Besucher
seit 800 Jahren die Ruhe und Stille dieses Ortes zu allen
Jahreszeiten, im Winter aber in besonderer
Intensität.
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