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Was Hänschen nicht lernt ...
350 Jahre Schule in Heidesheim |
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Holzunterlage
eines römischen Wachstäfelchens, wie sie Archäologen im
Rhein-Moselgebiet wiederholt entdeckten, wie dieses Exemplar aus Worms.
Daneben eine Sammlung von Bronzestili, mit denen in die weiche
Wachsmasse auf der Holztafel Zeichen eingraviert wurden, die mit dem
abgeflachten hinteren Ende nach Benutzung wieder geglättet wurden. |
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Eigene,
in der Ausstellung vorgestellte Stili aus dem Rhein-Moselraum,
ein Exemplar mit dem originalen Fixierdraht, ein zweites
mit vorgefertigter Öse. Neben den Metallgriffeln waren Stili
aus Bein ebenso selbstverständlich. |
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Nach
den Jahrhunderten des Niedergangs der nach dem Ende des römischen
Reiches in den Wirren der Völkerwanderung im 5. Jahrhundert
begann, folgte seit der Karolingerzeit eine Renaissance der
Schriftkultur, die in den jetzt überall entstehenden Klöstern
betrieben und gepflegt wurde. Für den eigenen Nachwuchs und
für die neue, adelige Oberschicht, später auch das
städtische Bürgertum gab es Schulen, wie diese
hochmittelalterliche Miniatur zeigt, auf der neben einem Mönch
auch ein weltlicher Lehrer dargestellt ist. Auffallend sind vor allem
die Zuchtruten beider, die wie herrschaftliche Zepter die Darstellung
bestimmen. |
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Nur
wenige Jahrhunderte später zu Beginn der Neuzeit: 3 Lehrer,
Unterricht gibt es nur für Jungen. Deutlich die Rute als
Drohinstrumentarium des Schulmeisters, der seine frontal vor ihm
aufgereihten Schüler überprüft. Deutlich sichtbar ist
auch die Ersatzrute hinter seinem Stuhl, was auf einen häufigen
Gebrauch schließen lässt. Die Szene links im Vordergrund
belegt entsprechend der pompejanischen Zeichnung den massiven Einsatz
der Rute, und auch hier müssen andere Schüler bei der
Züchtigung Hilfestellung leisten, indem sie den
“Delinquenten” ruhig halten. |
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Deutschland
19. Jahrhundert |
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Dorfschule,
ein einfachst gehaltener, mit nur grob gehobelten Bohlen ausgelegter
Unterrichtsraum, möglicherweise eine ausgeräumte Werkstatt.
Nur die Mädchen lernen, die zahlenmäßig
größere Jungenschar in ihren dorfüblichen einfachen
Jacken langweilt sich sichtbar, beschäftigt sich anderweitig. Das
Schuhwerk deutet darauf hin, dass sie Erbstücke älterer
Geschwister sind, eine Praxis, die auch hierzulande üblich
war. Um sie individuell anzupassen, wurden sie bei
Übergröße mit Papier ausgestopft. Die Hauptperson aber
ist der Schulmeister, dessen schlichte Kleidung auf seinen nicht
allzu hohen Status schließen lässt, fraglich, ob er selbst
überhaupt eine ausreichende Lehrerausbildung hat. Seine Aufgabe
ist es jedenfalls die desinteressierte Schar vor ihm zu bändigen.
Sein verärgerter Gesichtsausdruck deutet auf die schwierige
Situation hin. Wie so oft könnte der Stock auch hier das letzte
Wort haben. |
Der gestrenge Lehrer überprüft den Eifer der
armen Kinder. Nur Tränen und Angst. So kann Schule wirklich keinen
Spaß machen. |
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Und Heidesheim?
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Als der 1. Schulmeister 1647 vom
Rat nach Heidesheim gerufen wurde, dann vor allem damit die kleine
Gemeinde einen Gerichtsschreiber hätte. Schule war eher eine
willkommene Zusatzaufgabe. Eine Wohnung stand noch nicht zur
Verfügung und so räumte der Rat die untere Ratsstube des
spätmittelalterlichen “Rodes” am Ende der oberen
Römerstraße. Das Angebot an die kleinbäuerliche
Bevölkerung, ihren Kindern Lesen und Schreiben beibringen zu
lassen, kam zu einem denkbar ungünstigen Augenblick. Die
Bevölkerung war durch die Pest dezimiert, die Gemeindekasse als
Folge von Plünderung und wechselnder Einquartierung leer. Das
Interesse an Schule war äußerst mäßig, so dass
die ersten Versuche nach Ende des 30jährigen Krieges in
Privatwohnungen stattfanden, derweil die Lehrer wie die gesamte
Bevölkerung versuchte, überhaupt über die Runden zu
kommen, nach einer längeren Zeit der Stagnation wuchs die
Bevölkerung und damit die Zahl der Kinder langsam und war 1710 so
groß, dass ein eigener Raum als erste und feste Schule nötig
wurde. Auf Ratsbeschluss wurde sie in der Lehrerwohnung in
der unteren Ratsstube eingerichtet. Eine neue Lehrerwohnung wurde an
das Rathaus angebaut. Derweil suchten die Schulmeister den
Einstellungsbedingungen gerecht zu werden. Sie fungierten als
Gerichtsschreiber, betreuten die Kirchenuhr, hatten zu läuten und
den Kirchengesang anzustimmen. Dass Schule dabei nicht unbedingt im
Vordergrund stand, könnte erklären, dass auch nach 100 Jahren
nennenswerte Erfolge im Lesen und Schreiben ausblieben.
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Joseph
Kehrein, der berühmteste Sohn der Gemeinde, besuchte diese Schule
im alten Rathaus, das seit 1783 nur noch als Schulgebäude diente,
nachdem sich der Rat im damaligen Anwesen Hassemer, später
Löwensberg, dem heutigen Haus der Jugend in der
Joseph-Kehrein-Straße bis 1857 eine neue Bleibe gesucht hatte.
Lehrer Stoll, der seit 1786 die Dorfschule betreute, und Pfarrer Wahn
förderten den hochbegabten jungen Kehrein, nachdem die
Eltern schweren Herzens dem einzigen Sohn den Besuch einer weiter
führenden Schule in Mainz erlaubt hatten. Mit einem 5-6 Stunden
dauernden Schulweg tagaus tagein und anschließender Arbeit in der
kleinen Landwirtschaft in Heidesheim blieb nur wenig Zeit für die
Hausaufgaben, die meistens beim Kühe hüten erledigt wurden,
denn, so seine eigenen Aufzeichnungen, es war in Heidesheim
üblich, mit den schmächtigen Kühen morgens bis 9 Uhr zu
ackern, um die schwachen Tiere bis Mittag auf die Weide zu führen
mit anschließender Feldarbeit bis 4 Uhr und einer weiteren
Weidephase. Dem späteren Sprachforscher verdanken wir auch
verschiedene Geschichten in originaler Heidesheimer Mundart um 1820. |
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Die
Übersichtskarte von 1812 verdeutlicht die Schwerpunkte der
Ortsbebauung, und wir erkennen die damals erst sporadische
Ansiedlung in heute zentralen Ortsstraßen. Die Heidesheimer
Schulgebäude gruppieren sich im Zentrum um die Pfarrkirche wie die
Schäferschule, das ursprünglich 1813 erbaute Hofhaus des
altmünsterschen Zehnthofareals, das nach einerm Brand erneut
aufgebaut wurde. Als Kurfürst Erthal 1781 die 3 Mainzer
Klöster Altmünster, Carthause und Reichklara zugunsten
einer Wiederbelebung der Universität auflöste und die
Güter im Universitätsfonds zusammenfasste, waren auch der
Zehnthof in Heidesheim samt Nebengebäuden und allen
Ländereien betroffen. Der Zehnthof wurde an 3 Heidesheimer
Bürger versteigert. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts
Bevölkerung und Schülerzahl stark anwuchsen, reichte das alte
Rathaus als Schule nicht mehr aus, da ein Großteil der Kinder auf
dem Boden sitzen musste. So kaufte die Gemeinde 1829 zu
Schulzwecken das ehemalige Hofhaus. Ein weiterer Saal wurde im
damaligen Schlengerschen, später Metzlerhaus eingerichtet. Dieses
Anwesen wurde 1995 abgerissen. |
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